Nach der zweiteiligen Ausstellungsreihe, die ich 2001 noch in den
alten Räumen meiner Galerie zeigte und in der ich eine Werkauswahl
aus dem malerischen Oeuvre von Bernard Buffet vorgestellt habe, ist
viel geschehen - unter anderem wurde Buffet im Rahmen der Ausstellung
"Cher peintre, peins-moi / Lieber Maler, male mir!" im Centre Pompidou,
Paris , in der Kunsthalle,Wien und in der Schirn Kunsthalle, Frankfurt
von einem größeren Publikum wiederentdeckt. Die neuen Räume geben
mir nun die Gelegenheit, mich auf ein Hauptwerk seiner späten Schaffensperiode
zu konzentrierenen, in der er sich gegen den Strom des damaligen Kunstgeschehens
intensiv mit Historienmalerei zu beschäftigen begann. Ich zeige die
Hauptszenen aus dem großformatigen, Gemäldezyklus zu Jules Vernes
Roman "Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren".
Seit 1952 ging Bernard Buffet dazu über, für seine jährlichen Galerieausstellungen
bei Maurice Garnier Themen zu wählen, und oftmals waren es - neben
Buffets vielen Darstellungen des gekreuzigten Jesus - die großen Leidenden
der Literaturgeschichte: Dante in der Hölle etwa, aber auch Don Quichotte,
und schließlich auch die Figur des Kapitäns Nemo aus Jules Vernes
extrem populärem Roman aus den Jahren 1869/70.
Auch wenn sich die literarischen Gestalten aus Buffets Repertoire
in ihrem einsamen Moralismus gleichen mögen, ist der von Rache getriebene
Kapitän Nemo die ungleich "dunklere" Figur. Die Popularität der literarischen
Figur und ihr in extremer Einsamkeit gelebtes Schwanken zwischen Menschenhass
und Menschenliebe markieren die Extreme, die auch dem von der Kunstkritik
ignorierten Buffet nurzu bekannt waren. Es liegt mehr als nahe die
Vermutung zu äußern, Buffet, der sich seit langem in künstlerischer
und menschlicher Isolation befand, habe sich mit dieser Serie einen
Selbstporträt-Zyklus geschaffen - die "Nautilus" als Atelier, die
ganze Welt ein unterseeischer Friedhof voller Monstrositäten. Was
auf heutige Betrachter jedoch noch stärker wirkt als diese psychologisierende
Deutung, bei der sich Buffets großartige Vermessenheit mit seiner
rückhaltlosen Ehrlichkeit treffen, ist die unglaubliche Sicherheit
und Kraft, mit der er sein Projekt einer universellen Malerei auch
unter widrigsten Bedingungen fortsetzte.