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Wenngleich dieses Stadt-System die verschiedenen Funktionen – wie Privat- und Sozialbereiche, Konsum-, Steuerungs- und Überwachungsareale – deutlich voneinander trennt, lebt man hier in völliger Auflösung alles Privaten, denn alle Wände sind transparent. Der Rhythmus eingespielter Agitationsmusik (stark verlangsamte Nationalhymnen), zu der die winzigen Bewohner in Schwingung versetzt werden, ruft streng hierarchisch gesteuerte Gesellschaftssysteme in Erinnerung und führt zugleich deren ideologisches oder wirtschaftlich-zweckrationelles ad absurdum. Mit ihrer detaillierten Planung bergen solche Modelle auch ein hohes Maß an sozialer Kontrolle und damit die Gefahr der Entstehung totalitärer Herrschaftsstrukturen. Der schmale Grat zwischen reibungsloser Funktion und absoluter Kontrolle wird hier deutlich. Bereits bei den Stereozeichnungen (2005), wo reduzierte, strenge Linienzeichnungen kollektiver Orte (Klassenzimmer, Sanitärräume, öffentliche Verkehrsmittel etc.) mit Hilfe einer Spiegelapparatur stereoskopisch sichtbar wurden, widmete Klotz sich dem öffentlichen Raum.
In den Schichtzeichnungen, wie Shanghai von 2007 ergeben hintereinander verschraubte Acrylglasplatten, auf die jeweils mit Stadtlandschaften aufgezeichnet sind, vielschichtige Megacities. Diese gehen teils utopische Stadtentwürfe, teils frei erfundenen, aber – wie im Falle von Shanghai – auch auf real existierende Städte zurück. Als scheinbar extremen Gegenpol widmete Friederike Klotz in Polyesterwürfel gegossenen Interieurs dem privaten Lebensraum. Fotoaufnahmen real existierender Wohnungen samt der ihnen eigenen Menschlichkeit, repräsentiert durch Erinnerungsstücke, Unordnung und andere Eigentümlichkeiten sind auf Folie ausgearbeitet und im Anschluss in Kunstharzwürfel gegossen. Die jeweiligen Bewohner werden mit Super-8 wie Hologramme zwischen die schwerelos im Raum schwebenden Einrichtungsgegenstände projiziert. Klotz gewährt uns hier den Einblick in das private Universum Fremder.

Sandra Dichtl

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